Die wilden Heckenrosen begannen zu verblühen und ich dachte: Wie schade, bald sind sie nicht mehr da. Der Sommer verging, und vor dem leuchtend blauen Himmel hoben sich plötzlich knallrote, glänzende Hagebutten ab. Keine Rosen mehr, aber auch wunderschön.
Wie schön wird die Abkühlung im Fluss sein, wenn ich mich von der Sonne aufgeheizt treiben lassen werde, dachte ich. Doch ein kühler Wind kam auf und ich war betrübt. Es wäre wohl der letzte Schwumm vor dem Herbst gewesen. Da ich die Badesachen bereits gepackt hatte, wagte ich mich trotzdem ins Wasser, wenn auch mit Gänsehaut. Der Fluss war gleich warm wie die Luft, und das Erlebnis war wunderbar.
So oft zeichnet sich ab, dass etwas nicht unseren Vorstellungen entsprechen wird. In kleinen Momenten, wie eben beschrieben, und auch in gewichtigeren Zusammenhängen. Beziehungen, Freundschaften, Ferien, Arbeitsstellen erfüllen nicht immer unsere Erwartungen. So oft werden wir darüber traurig, enttäuscht oder sogar wütend. Doch wie oft gelangen wir dadurch in eine unerwartete Situation, die uns trotz alledem positiv überraschen und gefallen kann?
Loslassen stellt uns immer wieder vor Herausforderungen. Wir binden uns an Menschen, Orte und Vorstellungen. Wir halten etwas für gut oder schlecht und halten uns damit an unsere Werte, die wir leben wollen. Grundsätze und Ideen geben uns Halt und Sicherheit. Doch Leben bedeutet Veränderung, ob wir wollen oder nicht. „Die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung“, hatte schon der griechische Philosoph Heraklit vor 2500 Jahren beobachtet. Veränderung bedeutet Unsicherheit. Es bedeutet Loslassen von Gewohntem, von dem, was wir wissen und kennen. Von dem, was uns vertraut und vielleicht auch lieb, sicher aber bekannt ist. Die Anhaftung an das Bestehende verspricht Geborgen- und Gewissheit. Da die Veränderung unweigerlich kommt, so wie Ebbe und Flut, kostet uns Anhaftung Kraft, weil wir uns damit der Veränderung widersetzen wollen. Zu akzeptieren, dass kaum etwas bleibt, wie es war, fällt manchmal sehr schwer. Anzunehmen, was ist, was jetzt und wirklich ist, ist eine Kunst, die Leichtigkeit mit sich bringt. Und loslassen, was war, oder was man sich vorstellte, kann weh tun. Es stellt einen gewissermassen auch in Frage: Meine Vorstellung hat sich nicht gehalten, meine Ansichten mussten sich ändern, meine Liebe hat keinen Bestimmungsort mehr, meine Aufgabe hat ihren Sinn verloren. Doch heute ist nicht gestern und auch nicht morgen. Die Anhaftung verlassen heisst auch, ganz im Augenblick zu sein und anzunehmen, was ist. Neugierig und offen werden für die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben. Aber auch offen sein für die Traurigkeit, die das Loslassen mit sich bringen kann. Damit gebe ich mir und dem Leben die Freiheit zur Entwicklung. Und ich gebe dem, was war, die Berechtigung, gewesen zu sein. Dem was kommt, schaue ich mit offenen Augen, Mut und freiem Herzen entgegen.
Life Coach & AD(H)S-Trainerin
Byfangweg 36, 4051 Basel