Was ist der Unterschied zwischen ADS und ADHS?
12. August 2018Diese Frage wird mir als AD(H)S-Coach immer wieder gestellt. Dabei geht es nicht einmal nur um die Frage einer allfälligen Medikation, sondern um eine sinnvolle Behandlung irgendwelcher Art.
Im Falle einer leichten Ausprägung des ADS, also wenn die Symptomatik keine bedeutende Belastung für den Betroffenen darstellt, kann durchaus ausreichen, wenn die Eltern ADS und die Auswirkungen davon – und damit das Denken und Handeln ihres Kindes – verstehen und adäquat reagieren und unterstützen können.
Trotzdem ein paar weitere Gedanken von mir dazu: Damit ein Kind überhaupt auf ADS abgeklärt wird, muss es ja in irgend einer Form aufgefallen sein oder offensichtlich darunter leiden. Wenn das Kind noch jung ist, vielleicht erst anfangs „Schulkarriere“ steht, halten sich die Auswirkungen einer ADS meist in Grenzen, zumindest nach aussen. Wie es im Innern des Kindes aussieht, ist manchmal schwer zu sagen. Was löst es wohl in einem Kind aus, wenn es täglich hört: „Zieh dich jetzt bitte an, sonst kommst du zu spät.“ Oder die unfreundlicheren Versionen davon: „Jetzt mach doch endlich vorwärts!“ und „Hör jetzt endlich auf zu träumen, du Schnecke. Wegen dir sind wir schon wieder zu spät dran!“
Oder: „Hörst du mir zu?“, mit den verbreiteteren Varianten: „Jetzt hör doch endlich zu!“, oder „Oh Mann, du hörst mir schon wieder nicht zu! Du machst mich noch wahnsinnig!“.
Auf die Schule bezogen handelt es sich vielleicht um vergessene Hausaufgaben, verlorene Hausschuhe, zuwenig Zeit bei einem Test, Flüchtigkeitsfehler usw. Bald merkt ein „Träumerchen“, dass es immer leicht daneben steht, immer etwas später, langsamer, ungenügender als die anderen unterwegs ist. Das nagt bald schon am Selbstwertgefühl. Und da beginnen die Folgen der ADS, die sich leider bei unbehandeltem Verlauf je nach Situation und Umständen verselbständigen können, die sogenannten „Komorbiditäten“. Das bedeutet Begleitsymptome, die auch im Erwachsenenalter vorhanden sein können, wie Depressionen, Ängste (auch durch mangelnden Reizfilter), Appetit- und Schlafstörungen.
Kinder mit ADS brauchen oft intensives Coaching und Begleitung, was im Alltag von den Eltern übernommen werden kann und sogar muss. Sofern die Eltern stabil, liebevoll, geduldig und konsequent sind und verstehen, wie sich ADS bei ihrem Kind auswirkt, kann dies ausreichen. Dennoch hat sich gezeigt, dass Therapieformen wie Ergotherapie, Neurofeedback, Verhaltenstherapie, Lerncoaching oder Konzentrationstraining die Entwicklung eines Kindes mit ADS positiv unterstützen. Nicht jede Therapieform ist für jedes Kind hilfreich, das muss individuell betrachtet werden. Die Frage nach der Medikation ebenfalls. Es kommt auf jeden Fall auf den Leidensdruck der Betroffenen an.
Heute als vielversprechend anerkannt ist der multimodale Ansatz, d.h. dass auf verschiedenen Ebenen gehandelt wird. Verschiedene Ansätze werden zum Beispiel hier im Überblick dargestellt: Therapieformen
Auf alle Fälle ist es wichtig, dass sich die Eltern des betroffenen Kindes mit der Thematik auseinandersetzen, sich profesionell beraten lassen und dann informiert entscheiden können, ob eine Behandlung ihres Kindes notwendig erscheint und wie diese aussehen soll. Und ganz entscheidend ist der Umgang mit dem Kind, seinen (ADS-bedingten) Schwächen und vor allem auch Stärken, damit es sich gesund entwickeln und entfalten kann.